Ein transsexueller Mann aus Niedersachsen klagte gegen seine Krankenkasse. Grund: Diese wollte ihm nur die Geschlechtsumwandlung bezahlen. Das Einfrieren seiner Spermazellen lehnte die Kasse hingegen ab. Das Sozialgericht urteilte: Zu Unrecht.
Transsexuelle haben einen grundsätzlichen Anspruch, ihre Ei- bzw. Spermazellen auf Kosten der Krankenkasse einfrieren zu lassen, um sich bei einem späteren Kinderwunsch entsprechend behandeln zu lassen.
Im konkreten Fall forderte ein 24-jähriger Mann aus Niedersachsen, der sich zur Zeit einer geschlechtsumwandelnden Behandlung unterzieht, seine Krankenkasse auf, die Kosten der sogenannten Krykonservierung seiner Spermazellen zu übernehmen. Die Krankenkasse, die bereits für die Kosten der Geschlechtsumwandlung des Mannes aufkommt, lehnte die Kostenübernahme der Kryokonservierung ab mit der Begründung, daß dieser Eingriff keine Therapie nicht den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) entspreche. Der G-BA ist das Gremium, das die Pflichtleistungen der Krankenkassen regelt.
Die Richter des Bundessozialgerichts wiesen die Entscheidung der Krankenkasse zurück. Die eigne Fortpflanzungsfähigkeit erhalten zu wollen gelte unabhängig von der geschlechtlichen Identität. Da eine Geschlechtsumwandlung mit einer keimzellschädigenden Strahlungstherapie verbunden sei ähnlich wie bei Krebspatienten, für die die Kryokonservierung von den Kassen bezahlt werde, müsse dies auch für Transsexuelle gelten.
Implizit bestätigte das Bundessozialgericht damit die Auffassung, daß Transsexualität mit einer Erkrankung vergleichbar sei.
Das Urteil des Bundessozialgerichts passt zur generellen gesellschaftlichen Linie, daß Menschen vor den Folgen ihrer eigenen unwiderruflichen Entscheidung durch die Allgemeinheit geschützt werden müssen. Die Belange transsexueller Menschen beschäftigen immer häufiger die Gerichte. Erst im März vergangenen Jahres hatte das Berliner Verwaltungsgericht entschieden, daß sich die Steuerzahler nicht an den Kosten der Bartentfernung von Transsexuellen beteiligen müssen, wenn diese nicht vom Mediziner durchgeführt werden. Geklagt hatte ein Beamter, der seinen Bartwuchs als störend empfand bei seiner Transition zur Frau.
Für die Versicherten kommt mit dem Urteil des Bundessozialgerichts eine weitere Kostenbürde zu. Die Pharmaindustrie reibt sich die Hände.